Danke schön. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Erst einmal auch von mir noch herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Herr Dr. Nüßlein!
(Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Vielen Dank!)
Meine Damen und Herren, gute Pflege ist individuell, sie ist selbstbestimmt, und sie muss sich an den Bedürfnissen der Betroffenen orientieren.
(Beifall der Abg. Kathrin Vogler (DIE LINKE))
Gute Pflege ist vollumfänglich und beinhaltet gesellschaftliche Teilhabe.
(Beifall bei der LINKEN)
Gute Pflege wird von ausgebildetem Personal erbracht – unter guten Arbeitsbedingungen und bei guter Bezahlung. Und: Gute Pflege ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und ein Menschenrecht.
(Beifall bei der LINKEN)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, vor diesem Hintergrund möchte ich auf die von Herrn Minister Gröhe vorgestellten Vorhaben im Pflegebereich eingehen.
Durch eine Erhöhung des Beitragssatzes zur Pflegeversicherung wollen Sie etwa 3,6 Milliarden Euro jährlich mehr einnehmen. Wenn ich aber betrachte, was Sie damit alles umsetzen wollen, dann muss ich sagen, dass Sie heute schon jeden Euro mindestens zweimal ausgegeben haben. Der Löwenanteil der Mehreinnahmen kommt gar nicht als verbesserte Pflegeleistung bei den Menschen mit Pflegebedarf an:
Ein Drittel der Summe benötigen Sie für schon bestehende Leistungen, um sie der allgemeinen Preisentwicklung anzupassen – mindestens, wenn nicht sogar deutlich mehr! Die Höhe müsste allerdings geprüft werden. So sieht es auch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz von 2008 vor.
Doch was planen Sie? Sie zäumen das Pferd von hinten auf. Sie prüfen erst gar nicht, wie viel für den Ausgleich der Kostenentwicklung zu veranschlagen ist. Sie legen einfach irgendeinen Betrag fest. Das ist Politik nach Kassenlage auf dem Rücken der Menschen mit Pflegebedarf und ihrer Angehörigen, und das ist mit uns Linken nicht zu machen.
(Beifall bei der LINKEN)
Ein weiteres Drittel wollen Sie bei der Deutschen Bundesbank in einem Fonds für die geburtenstarken Jahrgänge zurücklegen. Meine Damen und Herren, wie geht denn so etwas? Das Geld benötigen wir jetzt dringend in der Pflege. Wir können es doch nicht einfach zurücklegen und dort schmoren lassen.
(Beifall bei der LINKEN – Karin Maag (CDU/CSU): Es schmort nicht!)
Herr Minister Gröhe, Sie sehen: Es bleibt von dem Geld, das Sie mehr einnehmen, gar nicht so viel übrig. Sie versprechen den Menschen Leistungsverbesserungen in der häuslichen und ambulanten Pflege sowie im stationären Bereich, von denen Sie heute schon wissen, dass Sie sie überhaupt nicht einhalten können.
Bei alledem verwundert es nicht, dass Sie, Herr Gröhe, die Familie als Deutschlands Pflegedienst Nummer eins bezeichnen.
(Tino Sorge (CDU/CSU): Das ist sie doch auch!)
Das stimmt natürlich. Die Familie ist nicht nur der größte Pflegedienst, sondern auch der kostengünstigste. Genau da wollen Sie ansetzen.
Selbstverständlich müssen die Angehörigen, die zu Hause pflegen wollen, und die zu Pflegenden, die zu Hause von ihren Angehörigen gepflegt werden wollen, bestmögliche Unterstützung haben. Aber die Betonung liegt auf „wollen“; das darf nicht aus finanzieller Not heraus passieren.
(Beifall bei der LINKEN)
Anders gesagt: Bei guter und selbstbestimmter Pflege darf es Unterschiede zwischen Arm und Reich nicht geben. Herr Dr. Nüßlein, wenn Sie das „Gleichmacherei“ nennen, soll mir das recht sein;
(Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Schlechtmacherei!)
wenn Sie es umsetzen würden, wäre es mir noch mehr recht.
(Beifall bei der LINKEN)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, gute Pflege ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Sie darf nicht von privaten Zusatzversicherungen abhängig sein. Deshalb können Sie den sogenannten Pflege-Bahr auch gleich wieder einmotten.
(Beifall bei der LINKEN – Helmut Heiderich (CDU/CSU): Können wir auch abschaffen! Sehen wir genauso!)
Diese private Zusatzversicherung bedient im Wesentlichen die Versicherungswirtschaft und bringt den Versicherten kaum Leistungen. Ich vermute, Sie haben das schon selbst gemerkt. So erkläre zumindest ich mir das Absenken der staatlichen Förderung im Haushalt 2014 für ebendiese Versicherung von 100 Millionen Euro auf 33 Millionen Euro.
Meine Damen und Herren, wenn Sie die eingangs von mir benannten Punkte ernst nehmen und eine gute, individuelle und selbstbestimmte Pflege für alle wollen, wenn Sie möchten, dass Pflegeberufe wieder Spaß machen und ein auskömmliches Einkommen bringen, wenn Sie den neuen Pflegebegriff mit Leben füllen wollen, und zwar sofort, dann gibt es nur eine Antwort auf all diese Fragen: die solidarische Bürgerinnen- und Bürgerversicherung, in die alle, unabhängig von Berufsgruppe und Selbstständigkeit, entsprechend dem jeweiligen Einkommen einzahlen.
(Beifall bei der LINKEN)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, gute umfassende Pflege ist ein Menschenrecht. Sie haben die Verantwortung, dies auch zu gewährleisten. Handeln Sie endlich im Interesse der Pflegebedürftigen, ihrer Angehörigen und des Pflegepersonals.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)