„Das ist eine Pflegereform light mit eklatanten Gerechtigkeitslücken. Zwar wird mit der Neudefinition des Pflegebegriffs ein Schritt in die richtige Richtung gemacht, doch ein echter Paradigmenwechsel in der Pflege muss mehr beinhalten als eine Ausweitung der Leistungsbezieherinnen und -bezieher. Dass der Kreis der Menschen, die Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung haben, ausgeweitet werden soll, ist dem jahrelangen politischen Druck von Gewerkschaften, Sozialverbänden und Betroffenenorganisationen zu verdanken“, erklärt Pia Zimmermann, pflegepolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Zimmermann weiter:
„Die Liste der durch die Pflegereform nicht behobenen oder neu geschaffenen Probleme ist lang: Das Teilleistungsprinzip der Pflegeversicherung scheint in Stein gemeißelt. Damit bleibt Pflege weiterhin abhängig vom Geldbeutel und oft notgedrungen eine Familienangelegenheit. Das Leistungsniveau für Menschen in den unteren Pflegegraden in der vollstationären Pflege wird deutlich abgesenkt: Künftig erhalten Personen im neuen Pflegegrad 2 fast 300 Euro weniger als bisher. Statt die professionelle Pflege zu stärken, will die Bundesregierung weiter das Ehrenamt fördern. Mit den Änderungen in Bezug auf Angebote zur Entlastung im Alltag heizt sie den Wettbewerb unter den Leistungsanbietern an. Und indem sie die Arbeit der Beschäftigten nicht aufwertet, forciert die Koalition die Ausbreitung von prekären Arbeitsverhältnissen und Niedriglöhnen in der Pflege.
Ein neues Verständnis von Pflege muss zu einem veränderten Pflegeprozess führen. Teilhabeorientierte Pflege heißt, Menschen dabei zu unterstützen, den Alltag ihren individuellen Fähigkeiten entsprechend weitestgehend selbstständig zu meistern. Das ist zeit- und personalintensiv. Auf die Notwendigkeit einer verbindlichen bundeseinheitlichen Personalbemessung weisen Gewerkschaften wie Sozialverbände regelmäßig hin, doch die Bundesregierung weigert sich, hier Vorgaben zu machen. Das gefährdet nicht nur die Pflegequalität, es führt auch zu einer weiteren Arbeitsverdichtung für die Pflegekräfte.
Eine grundlegende Neuausrichtung der Pflegeversicherung muss zu einer spürbaren Verbesserung der Lebensqualität von Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf, von pflegenden Angehörigen und Beschäftigten führen. Das ist der Maßstab, an dem sich die Pflegepolitik der Bundesregierung messen lassen muss. Zum Nulltarif ohne Leistungsverbesserungen geht das nicht.“